Hitzeschlag bei Hunden


Hitzeschlag bei Hunden

Interview mit Tierärztin Dr. Ines Holz

Wenn die Temperaturen ab dem Frühling steigen ist Vorsicht geboten für unsere Vierbeiner. Um unsere Tiere vor einem Hitzeschlag zu schützen, ist für ein kühles Plätzchen und vor allem, ausreichend Wasser zu sorgen.




Was ist ein Hitzeschlag?

Wenn der Tierarzt von Hyperthermie spricht, so ist ein Hitzeschlag gemeint. Dabei steigt die Kerntemperatur so hoch an, dass es für den Hund nicht mehr möglich ist, seine Körpertemperatur zu regulieren. Ab einer Temperatur von ca. 39 Grad Celsius schwebt der Hund in Lebensgefahr weil seine Organe anfangen zu versagen. Dabei sind die Ursachen in Betracht zu ziehen und zu kategorisieren:

  • durch Umwelteinflüsse – hohe Luftfeuchtigkeit und hohe Temperaturen
  • durch körperliche Anstrengungen – zu viel körperliche Aktivitäten Beides verursacht eine Überhitzung des Hundekörpers.



Symptome eines Hitzeschlags

Vor allem vom Frühling bis zum Sommer ist es sehr wichtig, seinen Hund bei Temperaturen schon ab 20 Grad gut zu beobachten, um einen eventuellen Hitzeschlag verhindern zu können. Vor allem ältere oder kranke Hunde sollten gut versorgt werden.

Primäre Anzeichen einer Überhitzung sind hastiges und lautes Hecheln. Durch das Hecheln versucht sich der Hund abzukühlen. Ein weiteres Symptom ist ein übermäßiger Speichelfluss. Wenn der Zustand fortschreitet und es dem Hund nicht möglich ist sich abzukühlen, folgen Muskelzittern, Taumeln, Verwirrtheit, Krampfanfälle, Schock bis hin zum Koma.

Hunderassen mit flacher oder kurzer Schnauze, wie Möpse, Pekinesen, Boxer usw., sind anfälliger einen Hitzeschlag zu bekommen. Durch ihre kurzen und platten Nasen haben sie von Natur aus bereits mehr Schwierigkeiten mit dem Atmen.

Wenn du vermutest, dass dein Hund einen Hitzeschlag hat, ist sofort ein Tierarzt aufzusuchen!

Im Interview mit ...


Frau Dr. Ines Holz

leitet ihre Tierarztpraxis in Markt Indersdorf im Landkreis Dachau und führt gemeinsam mit einem engagierten Ärzteteam die Kleintierpraxis in München-Bogenhausen. Zudem ist Frau Dr. Holz wissenschaftliche Mitarbeiterin mit Leitungsfunktion in der Poliklinik in der Chirurgischen und Gynäkologischen Kleintierklinik der Ludwig Maximilians Universität München.

Wir haben die Tierärztin in Ihrer Praxis in Markt Indersdorf besucht und nachgefragt…

Das Interview

TIERisch e.V.:
Grüß Gott Frau Dr. Holz! Sie sind seit 1991 Tierärztin mit Leib und Seele. Bei wie vielen Tieren diagnostizieren Sie jährlich einen Hitzeschlag?

Dr. Ines Holz:
Ich persönlich diagnostiziere realitiv wenig Hitzeschläge bei Hunden. Das kommt aber nur daher, dass ich an der UNI-Klinik München in der Chirurgie gearbeitet habe und der Hitzeschlag kein chirurgischer Eingriff ist. Als ich jedoch in der privaten Kleintierklinik praktizierte, waren es zwischen vier und fünf Hunde im Jahr. Auch wurde ich mehrmals von der Polizei gerufen, um einen Hund aus einem überhitzten Auto zu befreien.

TIERisch e.V.:
Für wie viele Hunde kam die Hilfe zu spät?

Dr. Ines Holz:
Man kann als Faustregel von 50% ausgehen. Dabei sind die ersten 24 Stunden entscheidend. Auch wenn man die Temperatur relativ schnell abkühlen kann, können dennoch bleibende Schäden an Leber, Niere oder im Darmbereich entstanden sein. Das liegt an den Eiweißen, die bei Temperaturen ab 41 Grad zerstört werden.

TIERisch e.V.:
Was ist die normale Körpertemperatur bei Hunden?

Dr. Ines Holz:
Zwischen 38 und 39 Grad. Dennoch ist 40 Grad eine deutlich hohe Temperatur. Der Hund hat keine so hohe Toleranzbreite wie wir Menschen.

TIERisch e.V.:
Ist mit Spätfolgen zu rechnen?

Dr. Ines Holz:
Wenn der Hund überlebt kann eine Nierenproblematik entstehen. Die Nierenprobleme können aber regeneriert werden, was jedoch einen längeren Zeitraum in Anspruch nimmt.

TIERisch e.V.:
Sind bestimmte Hunde oder Rassen besonders anfällig einen Hitzeschlag zu erleiden?

Dr. Ines Holz:
Ja, die kurznasigen Hunde sind besonders empfindlich, wie z.B. Französische Bulldogge, Boxer, Mops usw.. Diese Hunde haben von Natur aus Probleme mit der Atemzirkulation.

TIERisch e.V.:
Raten Sie Hundehaltern, die eine kurznasige Rasse besitzen, besondere Maßnahmen vorzunehmen? Beispielsweise in südländischen Urlaubsgebieten?

Dr. Ines Holz:
Ja, natürlich. Generell gilt, nur in den frühen Morgenstunden oder späten Abend-und Nachtstunden Spaziergänge machen. Mittags nur das Allernötigste, damit der Hund sich entleeren kann. Auch sollte der Hundehalter darauf achten, dass er möglichst vom Tier keine körperlichen Leistungen fordert. Kalte und feuchte Tücher wirken erfrischend. Auch Wasser sollte immer verfügbar sein. Beim Gassi gehen kann man den Hund auch trinken lassen, das Mitführen einer Wasserflasche ist von Vorteil. Darüber hinaus gibt es ja diese Kühlmäntelchen von den Sie berichten – mit denen ich noch keine Erfahrung habe (lach).

TIERisch e.V.:
Welche Notfall-Maßnahmen kann ein Hundebesitzer unternehmen, bis er beim Tierarzt mit seinem Hund eintrifft?

Dr. Ines Holz:
Nasse und kühle Handtücher, vorrangig um die Gliedmaßen und den Kopf wickeln. Was noch besser hilft sind alkoholisch gelöste Desinfektionsmittel. Das Desinfektionmittel wird über die Füße aufgetragen. Der Alkohol entzieht noch mehr Wärme durch die Verdunstungskälte, was eine Temperatursenkung auslöst. Falls Franzbrandwein zur Hand ist, kann dieser auch eingesetzt werden. Ist der Hund ansprechbar, auf jeden Fall trinken lassen. Der Herzbereich sollte frei bleiben und bitte nicht den Gartenschlauch einsetzen. Was nicht hergenommen werden sollte, sind Isolierdecken aus dem Sanitätskasten. Die Isolierdecken halten kühl bei Kälte und warm bei Wärme. Also würde man bei einem überhitzten Hund die Wärme speichern anstatt sie zu senken.

TIERisch e.V.:
Wenn der Hund an heißen Tagen plötzlich taumelt, sich aber nach 10 Minuten wieder normal verhält, sollte man dennoch einen Tierarzt aufsuchen?

Dr. Ines Holz:
Ich würde auf jeden Fall die Körpertemperatur des Hundes messen, was viele erfahrene Hundehalter gut können. Auch die Blutzirkulation an den Schleimhäuten sollte kontrolliert werden. Durch leichten Druck auf das Zahnfleisch sollte dieses weiß werden und nach ca. drei Sekunden wieder rosa. Der Hund sollte sehr viel trinken und an dem Tag nichts weiter machen, d.h. nicht mit dem Hund spielen oder längere Spaziergänge planen. Er sollte sich ausruhen. Die Körpertemperatur sollte regelmäßig kontrolliert werden. Ist der Hund weiterhin unauffällig, könnte man sich den Gang zum Tierarzt sparen wenn die Körpertemperatur zwischen 39 – 39,3 liegt. Bei wiederkehrenden Schwindelanfällen sollte er jedoch einem Tierarzt vorsichtshalber vorgestellt werden.

TIERisch e.V.:
Was unternimmt der Arzt, wie sieht die Behandlung aus?

Dr. Ines Holz:
Der Hund bekommt zuerst einen Venenzugang gelegt und eine Infusion, die einer Schockinfusion entspricht. D.h. die Tropfgeschwindigkeit ist erhöht, damit die verlorene Körperflüssigkeit wieder ausgeglichen werden kann. Dann wird genauso vorgegangen wie wir es bei der Erste-Hilfe-Maßnahme empfohlen haben. Das Kühlen der Gliedmaßen und des Kopfbereichs, sowie der Leistengegend. Zudem werden noch kalte Einläufe durchgeführt, wie man es bei einer Verstopfung kennt. Hier wird jedoch kein Öl hergenommen, sondern Wasser mit einer Temperatur von ca. 20 Grad. Über den Darm können wir den Hund zusätzlich gut abkühlen. Medikamente sind höchstens begleitend erforderlich. Ein Antibiotikum wird nur eingesetzt, wenn eine Denaturation im Körper von statten gegangen ist, um Endotoxine abzufangen – quasi wie bei einer Verbrennung.
Es wird auch diskutiert ob ein Cortison oder ein nicht cortisonhaltiger Entzündungshemmer von Vorteil oder von Nachteil ist. Die meisten entscheiden sich dagegen. Ich persönlich habe ein gutes Gefühl, wenn ich einen Fiebersenker z.B. Novalgin in die Infusion gebe, auch wenn es kein Fieber im klassischen Sinne ist.

Der Tierarzt sollte jedoch nicht zu lange herunterkühlen, denn dadurch kann es zu einer Gefäßwandverengung kommen, was sich wiederum auch negativ auf Blutdruck, Kreislauf usw. auswirkt. Es ist jedoch wichtig den Hund rasch auf ca. 39,7 Grad herunter zu kühlen. Das ist zwar immer noch eine erhöhte Körperinnentemperatur, jedoch eine mit der man leben kann.

TIERisch e.V.:
Ist nach der tierärtzlichen Behandlung die Gefahr vorüber, oder muss der Hundehalter noch etwas beachten?

Dr. Ines Holz:
Der Hund sollte am nächsten Tag nochmal tierärztich untersucht werden. Nach einigen Tagen wäre ein Bluttest von Vorteil. Damit kann man feststellen, ob die inneren Organe einen Schaden davon getragen haben oder nicht. Doch die ersten 24 Stunden sind die Entscheidenden, ob der Hund überlebt.

TIERisch e.V.:
Was sollten Hundehalter vor allem beachten und welche Gefahren werden eher unterschätzt?

Dr. Ines Holz:
Ich habe ein ziemlich einschneidendes Erlebnis als junge Tierärztin mitmachen müssen. Wir sind damals von der Polizei auf die Autobahn gerufen worden. Ein Paar hat während der Autofahrt selber festgestellt, dass ihr Hund überhitzt ist. Die Hundehalter haben aber alles richtig gemacht. Die Klimaanlage war aktiv, damals war das ja Super-Luxus, die Fenster waren leicht offen und 30km vorher haben sie auf einem Rastplatz eine Pause eingelegt. Auch wurden regelmäßige Pausen für den Hund eingeplant, damit er sein Wasser bekommt und sich die Beine vertreten konnte. Das Paar hatte sogar die Autoscheiben etwas abgedunkelt. Dennoch erlitt der Hund während der Fahrt einen tödlichen Hitzeschlag. Es war ein großer Hütehund-Mischling, vielleicht 6 Jahre alt. Die Situation war sehr bitter, was ich auch verstehen kann.
Man darf die Sonneneinstrahlung durch die Fenster nicht unterschätzen, auch dann nicht wenn die Klimaanlage läuft.

Auch das Laufen in der Sonne sollte vermieden werden. Wir schützen unseren Kopf z.B. mit einem Hut. Der Hund baut durch sein Fell einen enormen Hitzestau auf. Gerade im Sommer sollte man immer genügend Wasser für den Hund parat haben, bei Ausflügen, Spaziergängen usw.
Beispielsweise am Strand – auch wenn der Hund jung und agil ist und wie verrückt seinem Frisbee gerne nachläuft – kann dass natürlich auch gefährlich werden. Denn der Hund gibt erst auf wenn es wirklich nicht mehr geht und dann kann es zu spät sein. Ist ein schattiges Plätzchen am Strand oder am See gewährleistet, kann der Hund schwimmen gehen. Danach sollte er sich aber im Schatten ausruhen.
Auch möchte ich erwähnen, was viele vergessen! Wenn die Temperaturen hoch steigen, bitte nicht mit dem Hund über den Asphalt laufen. Die können sich wirklich sehr verbrennen. Wir haben ja auch unsere Schuhe an um uns zu schützen, der Hund jedoch nicht und es kann zu ganz üblen Verbrennungen der Hundepfoten führen. Wir empfehlen gerne Hundeschuhe zu benutzen. Qualitiv hochwertige Schuhe sind zwar nicht günstig, jedoch ist es eine einmalige Investition, die sich lohnt.

TIERisch e.V.:
Herzlichen Dank Frau Dr. Holz, dass Sie sich die Zeit genommen haben! Ich hoffe es gibt eine Fortsetzung?

Dr. Ines Holz:
Ja, gerne!

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